Herzogsfreude - ein nie genutztes Schloss

 

GESCHICHTE Vor 200 Jahren hat ein Dachdecker den kurfürstlichen Prunkbau gekauft und als Baumaterial zu Geld gemacht. Kein einziges Jagdfest wurde darin gefeiert. Clemens Augusts Nachfahren haben es nie betreten - Von Carsten Polanz

 

 

RÖTTGEN. Helmut Uessem deutet mit dem Zeigefinger auf den großen Platz im Zentrum von Röttgen. Sternenförmig angeordnet treffen die großen Straßen, die so genannten "Bahnen", im Vestibül, der Eingangshalle des Jagdschlosses Herzogsfreude, aufeinander. Hier sollte sich einst die Jagdgesellschaft versammeln. Doch leider kam es nie dazu. Helmut Uessem vom Förderverein Poppelsdorfer Geschichte schaut von der historischen Karte auf und sagt: "Als vor 200 Jahren mit dem Abriss begonnen wurde, hatte noch kein einziges Jagdfest stattgefunden." 1804 verkaufte der Nachfolger von Clemens August das Schloss für 3500 Francs an einen Bonner Dachdecker. Dieser nutzte das Schloss als eine Art Baustoffreservoir und verkaufte die bereits gebrannten Steine, die man damals zum Hausbau oder zur Straßenausbesserung nutzte. Heute erinnert ein Bronzemodell noch an das einst so imposante Gebäude. Unter einigen Privathäusern sind noch Reste des Kellergewölbes zu erkennen. 1753 war mit dem Bau des Schlosses begonnen worden. Während Clemens August andere Schlösser wie die Bonner Residenz und das Poppelsdorfer Schloss von seinen Vorgängern übernommen habe, sei Herzogsfreude sein eigenes Projekt gewesen, erklärt Uessem die Besonderheit des damaligen Vorhabens.  Clemens August war bekannt für seine große Jagdlust. Bei der französischen Parforce-Jagd war er im Kottenforst einst sogar von einem Eber angegriffen und erheblich verletzt worden. Das Schloss symbolisierte aber nicht nur diese Leidenschaft. Der Kurfürst habe es auch zur Untermauerung "seiner landesherrlichen Pracht" errichten lassen, so Uessem. 1761 starb der Kurfürst. Seine Nachfolger betraten Herzogsfreude kein einziges Mal. Das Schloss stand damals bereits. Auch die riesigen Seitenflügel, in denen die Gäste der Jagdfeste wohnen sollten, waren fertig. Doch es fehlte die Einrichtung. Lediglich Kamine, ein paar Möbel und einige wertvolle Gemälde seien damals im Schloss untergebracht gewesen. Als der Verein den historischen Schauplatz unter die Lupe nahm, betraten die Mitglieder auch die alte St.-Venantius-Kapelle, die der Kurfürst zeitgleich errichten ließ.

 

Hinweis:

Der Artikel wurde im General-Anzeiger Bonn (GA) in der Ausgabe vom 10./11. April 2004 veröffentlicht. Der Verlag hat dem Abdruck des Artikels auf dieser Homepage freundlicherweise zugestimmt. Der Artikel kann auch im Originalformat hier (pdf-Datei) sowie kostenpflichtig von der Homepage des GA (GA-Plus  ->  GA-Archiv  ->  Suche nach dem Stichwort "Herzogsfreude"; Kosten: 1 Euro) abgerufen werden.

 

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